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Buntglasecken – der Kniff mit dem Schliff

Ein Handwerk aus der Vergangenheit

Man kennt sie vielleicht noch aus Kindertagen, diese bunten leuchtenden Glasecken in Wohnungseingangstüren, die einem als Besucher entgegenstrahlen und schon im Hausflur eine fröhliche, heimelige und besondere Atmosphäre herbeizaubern. Als Kind ist man für Schönes und Farbenfrohes besonders empfänglich und nimmt Vieles dann unbewusst in die Erwachsenenwelt mit hinein. Nicht ohne Grund durfte REPLICATA im letzten Jahr für die Filmproduktion „Die kleine Hexe“ bunte Gläser für die Türgestaltung des Hexenhaus liefern. Eine wahrlich bezaubernde Geschichte, die auch mit bezaubernden Materialien bestückt werden sollte.

Die Ecke – der Fries – die Friesenecke

Friesenecken heißen sie auch, diese strahlenden farbigen Glasecken mit ihren blütenartigen symmetrischen Ornamenten. Weit gefehlt, wer jetzt an unsere Landsleute aus dem Norden als Namensgeber denkt. Die Glasecken waren vielmehr Teil eines umlaufenden Fries bei Fenster und Türen mit Ecksprossenteilung. Durch die besondere Sprossenteilung ergaben sich Felder, die mit ornamentierten Glasbordüren und mit bunten Glasecken ausgefüllt wurden. Eine sehr häufige Farbkombination der Ecken war Rot-Blau im diagonalen Wechsel. Fenster und Türen mit Ecksprossenteilung waren Anfang des 20. Jahrhunderts sehr beliebt und verbreitet.
Die Buntglasecken werden aus hochwertigem Überfangglas hergestellt, bei dem eine sehr dünne farbige Glasschicht auf eine dickere Grundglasschicht aufgetragen und mit ihr verschmolzen wird – oder wie man auch sagt – »überfangen« wird. Die ornamentierte Ecke entsteht, indem diese farbige Schicht partiell ausgeschliffen wird. Das Ornament erscheint dann durchsichtig und liegt vertieft im leuchtend bunten Vordergrund. Durch das anschließende Auspolieren entstehen faszinierende Farb- und Lichteffekte von hoher Brillanz.
Ihren besonderen Charakter erhält die Buntglasecke aber auch durch kleine Unregelmäßigkeiten im Überfangglas (leichte Farbverläufe, kleine Lufteinschlüsse und schwankende Glasstärke). Eine Friesecke ohne diese reizvollen Besonderheiten würde fast ein bisschen leblos wirken.

Der Glaskünstler

Friesenecken sind kleine Kunstwerke, denn jede ist ein Unikat, von geübter Hand gefertigt.
Unser mittlerweile schon betagte Herr Giese ist auch im Wortsinne ein Meister seines Fachs. Er hat in den 60er Jahren sein Handwerk bei der wohlbekannten WMF in Geislingen an der Steige gelernt und es dort bis zum Glasschleifermeister gebracht. WMF unterhielt damals noch eine Glashütte und war auch in diesem Bereich ein international renommierter Hersteller. Klaus Giese stellte über viele Jahre hinweg für Kommunen kunstvolle Motive und Wappen auf Glas her, die dann als repräsentative Gastgeschenke international zum Einsatz kamen und entsprechende Beachtung fanden. Seit vielen Jahren ist er nun mit seiner Werkstatt bei uns im Haus tätig, wo er unsere Buntglasecken auftragsbezogen fertigt, jede individuell mit seiner unvergleichlichen Handschrift.

So wie was geht…

so würde mein kleiner Neffe jetzt diesen Abschnitt überschreiben, und so werden die Friesenecken gefertigt:
Das Glas wird entsprechend Ihrer Maßvorgaben millimetergenau zugeschnitten, denn genormte Maße gab es früher einfach nicht.
Das Motiv wird proportional auf die Glasgröße angepasst. Dafür werden dann jeweils Papierschablonen erstellt. Diese werden auf das Glas gelegt und die Umrisse punktförmig auf das Glas übertragen.
Der Mittelpunkt des Motivs wird mit einem scharfen Messer vorgeritzt, denn die Schleifarbeit erfolgt immer vom Zentrum aus.
Das Ausschleifen ist nun die hohe Kunst, die viel Fingerspitzengefühl, Präzision und Augenmaß erfordert. Richtung, Anpressdruck, Winkel zur Schleifscheibe und vor allem eine ruhige und sichere Hand bestimmen das, was einen guten Schliff ausmacht. Und natürlich Übung, Übung, Übung.
Anschließend wird mit Polierpaste und Polierscheibe auspoliert. Denn erst ein voll auspolierter Schliff ergibt die funkelnde Eleganz dieser schönen bunten Glasecken.

Wo verwenden?…

Und wenn Sie nun keine Sprossentür im Hause haben, die ergänzt, restauriert oder verschönert werden soll, dann kann dies ja vielleicht noch werden (wir verweisen hier auf unsere Partnerfirma Langenbeck Historische Türen). Oder Sie lassen sich vom Schreiner eine neue Türe fertigen, oder Sie setzen die Ecken in einem Oberlicht oder in einem Raumteiler ein, oder in einem besonderen Möbel, oder einem Lichtobjekt, oder…
Vielleicht erinnern Sie sich – wir hatten vor drei Jahren in einer Sonderserie kleine Glassterne für die weihnachtliche Fensterdekoration von Herrn Giese fertigen lassen, die bei uns reißenden Absatz fanden. Weihnachten ist ja nun erst mal wieder vorbei, aber vielleicht können wir über eine Wiederauflage nachdenken, wenn Sie uns schon jetzt Ihr Interesse bekunden!

26. Februar 2018

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