Die Schraube – ein ästhetisch Ding?
Schrauben mit Stil: Warum die unscheinbare Schraube mehr ist als nur ein Metallstück!
Seit Jahr und Tag stört sie mich schon, diese unschön silbern hervorblinkende Kreuzschlitz-Schraube auf dem wunderschön patinierten Messinghaken. Beim Einzug wurde der Haken einfach irgendwie angeschraubt, weil gerade nichts Besseres zur Hand war. Es ist eines der vielen kleinen Provisorien, die man immer schon mal angehen wollte. Doch eine Schraube eben mal auszutauschen, das kann schnell zu einer größeren Herausforderung werden.
Ein Besuch im Baumarkt vor den schier endlos erscheinenden, kilometerlangen Schraubenregalen lässt erahnen, auf was ich mich da nun eingelassen habe. Unwillkürlich möchte man sich als Unbedarfte reflexartig abwenden und die Flucht in die so viel schönere Pflanzenabteilung antreten. Und doch:
Eine Schraube, ist eine Schraube, ist eigentlich ein ganz banales Metallding, mit Kopf und Stift, in den ein Gewinde eingefräst ist. Mit der Schraube lassen sich zwei Bauteile miteinander verbinden und – im Gegensatz zum Nagel – auch wieder lösen. Nichts Besonderes eigentlich, oder doch?
Ja, die Schraube ist eine der genialsten Erfindungen der letzten Jahrhunderte. Das Schraubengewinde übersetzt die Drehung in eine Längsbewegung. Je nach Steigung des Gewindes und je nach verwendetem Hebelarm wird die Kraft vervielfältigt. Wenn man es sich recht überlegt, gibt es nur wenige Gegenstände in unserem täglichen Gebrauch, die nicht irgendwie geschraubt sind. Da ist das Fahrrad, die Waschmaschine, das Ikea-Regal …
Die Schraube ist Teil unsere Zivilisationsgeschichte! Es gibt sie nun schon seit über 400 Jahren. Arbeitete man zuvor eher mit Bolzen und Keilen, benutze Johannes Gutenberg schon im 15. Jahrhundert speziell angefertigte Schrauben als Befestigungsteile in seinen Druckerpressen. Jede Schraube wurde im Mittelalter einzeln vom Schmied handgefertigt, das Gewinde von Hand gesägt und gefeilt – schwierig und zeitaufwändig.
Und dann kam das Zeitalter der industriellen Revolution und die Schraubengewinde konnten in Massenproduktion gefertigt werden. Aber: Jeder Hersteller fertigte seine eigenen Schrauben mit unterschiedlichen Größen und Gewinden. Es gab keine Normierung wie heute, was z.B. im 2.Weltkrieg für die Alliierten ein größeres Problem bei der Kriegsführung darstellte.
Und heute? Die moderne Schraubentechnologie hat sich in den letzten Jahrzehnten rasant weiterentwickelt. Gewindeformen, Schraubkopfformen, Materialien, Festigkeitsklassen, … die Vielfalt ist nicht weniger geworden, doch alles wurde versucht mit DIN-Normen zu klassifizieren. Das macht es für Otto-Normalverbraucherin nicht unbedingt einfacher, die richtige Schraube zu finden – deshalb hier nun eine kleine, vereinfachte Übersicht:
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Welches Schraubengewinde wählen?
Schrauben müssen je nach Verwendungszweck gewählt werden! An der Gewindeart lässt sich erkennen, für welches Material eine Schraube geeignet ist.
Holzschrauben – Sie dienen zur Befestigung auf Holzuntergründen oder zur Verbindung von Holzteilen. Sie haben eine dornartige Spitze und ein scharfkantiges Gewinde, ein sog. Grobgewinde. Es schneidet sich beim Eindrehen selbst in den Untergrund und schafft sich sein Gegengewinde sozusagen selbst. Je nach Spitze und Holzmaterial muss man entweder vorbohren oder auch nicht.
Metallschrauben – Sie werden für die Verbindung von Metallelementen verwendet. Sie haben ein sog. metrisches Gewinde (weltweit standardisiertes Norm-Gewinde mit einem Flankenwinkel von 60°). Sie haben eine zylindrische Form und eine stumpfe Spitze. Sie werden in ein Gegengewinde, z.B eine Mutter, oder in ein Innengewinde, das sich bereits in dem Bauteil befindet, geschraubt.
Blechschrauben – Blechschrauben eignen sich für die Verschraubung jeglicher Art von Bleche. Sie ähneln rein optisch den Holzschrauben. Sie haben jedoch ein gehärtetes Spezialgewinde. Damit ist ein Vorbohren im Werkstück ist nicht notwendig.
Universalschrauben – Sie sind, wie der Name schon sagt, universal einsetzbar für verschiedenste Materialien z. B. auch für Kunststoffe. Sie ähneln in Ihrer Form ebenfalls den Holzschrauben. Bekannt geworden sind diese Art Schrauben unter dem Firmennamen SPAX
Die Größenbezeichnung der Schrauben ist ganz einfach geregelt: Es werden immer zwei Maße in mm angegeben, z.B. 5 x 35 Das heißt: Die Schraube hat einen Durchmesser von 5 mm und ist 35 mm lang. Handelt es sich um eine metrisches Gewinde, so wird der Bezeichnung einfach ein M vorangestellt, also M5 x 35
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Welches Schraubenmaterial wählen?
Die Festigkeit und Stabilität einer Schraube hängt sehr stark vom verwendeten Material ab. In der Regel kommen bei der Herstellung gehärteter oder ungehärteter Stahl, Edelstahl oder Messing zum Einsatz.
Stahlschrauben – für normale Beanspruchung meist im Innenbereich
Edelstahlschrauben – im Außenbereich, da weitgehend rostfrei
Messingschrauben – im Sanitär- und Beschlagsbereich, da nicht rostend
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Welchen Schraubenantrieb wählen?
Um Schrauben schrauben zu können, brauchte es früher lediglich einen Schlitz, um mit dem Schraubendreher /Schraubenzieher arbeiten zu können. Weil man bei diesem Typ Schraube aber leicht abrutscht und die Kraftübertragung schwach sein kann, wurden immer neue Schraubentypen entwickelt:
Zunächst hat sich die Schraube mit Kreuzschlitz verbreitet. Sie erlaubte erstmals eine rationelle Verschraubung mit elektrischen Schraubern zur Schnellmontage. Weitere verbesserte Kreuzschlitzschrauben sind die mit Markennamen bezeichneten Philipps(PH) oder Pozidriv (PZ). Andere bekannte Schraubentypen sind der Innen-Sechsrund (TORX), der Außen-Sechskant, der Innen-Sechskant (INBUS). Jeder Schraubenantriebstyp hat je nach Verwendungsort seinen Vorteil: So ist ein Außen-Sechskant ein einfach zu nutzender Schraubentyp, der jedoch seitlich Platz erfordert, um die Schraube festzuziehen. Beim Innen-Sechskant hat man ein kleineres Werkzeug und man kann von oben montieren, allerdings ist die Kraftübertragung schlechter …
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Welchen Schraubenkopf wählen?
Je nachdem, für welchen Einsatz die Schraube benötigt wird, gibt es unterschiedliche Formen von Schraubenköpfen.
Sechskantkopf – wird verwendet, wenn Bauteile regelmäßig wieder gelöst und einfach mit einem Schraubenschlüssel wieder festgezogen werden sollen.
Zylinderkopf – wird verwendet, wenn der Schraubenkopf nicht in das Werkstück eindringen soll (typische Geräteschraube)
Senkkopf – wird verwendet, wenn der zylindrische Schraubenkopf ganz im Bohrloch versenkt werden soll – es entsteht einen plane Oberfläche
Rundkopf – wird verwendet, wenn der Untergrund nicht eingedrückt werden darf, oder aber das Werkstück keine Senkung hat – die Rundkopfschraube ist dann mitunter auch Zierelement.
Linsenkopf – „DIE REPLICATA-Schraube“ mit dekorativem Charakter
Heutzutage schon fast aus der Mode gekommen und vielfach vom Handwerker belächelt – ich möchte hier doch eine Plädoyer für die gute alte Linsenkopfschraube halten. Bei der Linsenkopfschraube verschwindet der untere Teil des Kopfes in der Senkung des Werkstücks und der obere linsenförmige Teil erhebt sich in leichtem Schwung. Auch wenn Sie beim Einschrauben vielleicht nicht so gut zentrierbar, auch wenn die Gefahr des Abrutschens besteht – allein das Ergebnis zählt!
Die Linsenkopfschaube ist eine Schraube, die dem Charakter unserer historisch anmutenden Tür- und Fensterbeschläge gut zu Gesicht steht. Sie ist mehr als nur ein funktionales Ding: Die Linsenkopfschraube passt sich unaufdringlich in Form und Material an. Sie ist nur durch eine leichte linsenförmige Wölbung erkennbar, unaufdringlich, aber optisch gestaltend.
Die Linsenkopfschraube – sie ist aus REPLICATA-Sicht die Königin unter den Schrauben!
Warum ich dann aber bei meinem Messinghakenproblem nicht einfach bei REPLICATA in den Schraubenschrank gegriffen habe? Na ja, ich dachte, da mein Haken an einer Fliesenwand montiert war, bräuchte es da auch spezielle Schrauben für Fliesen. Es war mir als „Nicht-Schrauberin“ einfach nicht bewusst, dass man in einen Dübel auch einfach eine „schöne“ Messing-Linsenkopf-Holz-Schlitz-Schraube eindrehen kann. So habe ich nun mit meinem Besuch im Baumarkt Lehrgeld bezahlt, aber wie ich finde interessantes Lehrgeld!
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9. Juli 2025






